Das "KL Natzweiler" zieht an den Neckar
Entwicklung des KL Natzweiler 1941 - 1944
Das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof entstand im Mai 1941 bei einer Fundstelle für rosa Granit in 800 Metern Höhe in den Vogesen . Das Elsass war 1940 von Nazi-Deutschland annektiert worden und gehörte damit zum Reich. Natzweiler-Struthof gehört zu den 21 „Stammlagern“, also zur selben Gruppe wie Dachau, Buchenwald oder Mauthausen.
Zunächst lebten in Natzweiler nur einige Hundert KZ-Häftlinge. In der zweiten Hälfte des Krieges entwickelten sich immer mehr Außenlager, die Häftlingszahlen stiegen steil an. 1944 gehörten über 50 Außenlager beiderseits des Rheins zu Natzweiler, darunter sämtliche Lager des „KZ-Komplexes am Neckar“.
Die KZ-Häftlinge an den Standorten der der Außenlager schufteten für SS-Betriebe und Rüstungsfirmen, für Militärflughäfen und bei der Gewinnung von Öl aus Ölschiefer. Dabei waren sie meist als „Bauhäftlinge“ eingesetzt, also nicht direkt in der Produktion.
Auflösung der linksrheinischen Lager 1944
Wegen des Vorrückens der alliierten Streitkräfte befahl die SS-Führung Anfang September 1944 die Räumung des Hauptlagers in den Vogesen. Die 6.000 dort befindlichen KZ-Häftlinge wurden zum Lager Dachau transportiert.
Auch die linksrheinischen Außenlager wurden aufgelöst: von September bis November 1944 evakuierte die SS 6.500 Häftlinge dieser Lager nach Dachau, Buchenwald usw. sowie in rechtsrheinische Natzweiler-Außenlager. Gleichzeitig eröffnete die SS in den letzten Kriegsmonaten noch knapp 20 weitere Außenlager in Baden und in Württemberg. Auf der nebenstehenden Karte sind die neuen Lager gelb markiert, die bereits bestehenden schwarz.
Während einer Übergangsphase von September bis November 1944 blieben der Kommandant Fritz Hartjenstein und Teile der Verwaltung in Natzweiler-Struthof. Andere Bereiche wurden provisorisch zum KZ Dachau verlegt oder an den Außenlager-Standorten bearbeitet, so kam zum Beispiel die Postverwaltung nach Neckarelz.
Verlagerung der Kommandantur nach Guttenbach und Binau
Am 22. November 1944 verließ die SS mit den letzten 16 Häftlingen endgültig Natzweiler-Struthof. Die Kommandantur und die Politische Abteilung (z.B. Spionage-Abwehr) zogen nach Guttenbach am Neckar gegenüber von Neckargerach, die SS-Verwaltung nach Binau und die SS-Fahrbereitschaft nach Neunkirchen.
Damit suchte der Kommandant Hartjenstein die Nähe zum noch intakten KZ-Komplex Neckarelz; von den Neckardörfern Guttenbach und Binau aus wurde von nun an das „KL Natzweiler“ befehligt und verwaltet. Der Name „KL Natzweiler“ blieb als Verwaltungsbezeichnung erhalten, obwohl der geografische Ort nicht mehr als Lagerstandort existierte. Der Komplex "Natzweiler" bestand Anfang Januar 1945 noch aus 33 (rechtsrheinischen) Außenlagern mit 22.500 KZ-Häftlingen, darunter etwa 1.000 jüdischen Frauen.
Das Ende des "KL Natzweiler" im Frühjahr 1945
Die Todesrate in den verbliebenen Außenlagern stieg ab Herbst 1944 an. Die Lage verschärfte sich insbesondere im Winter 1944/45: die Ernährungssituation verschlechterte sich wegen der Kriegslage nochmals, zudem war der Winter sehr hart. Die Organisation des Außenlagersystems wurde immer schwieriger, weil dieses sich einerseits erweiterte, andererseits aber zu zerfallen begann.
Endgültig löste sich das „KL Natzweiler“ im März und April 1945 auf. Die SS schickte 20.000 KZ-Häftlinge in Zügen und auf „Todesmärschen“ zu den Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald, Bergen-Belsen und in Richtung Alpen; auf der (vergrößerbaren) Karte links sind die Bewegungen mit Zahlen unterlegt. Tausende verloren in den letzten Wochen noch das Leben.
Man kann also von einem „doppelten Ende“ des Konzentrationslagers Natzweiler sprechen: linksrheinisch im Herbst 1944, rechtsrheinisch im Frühjahr 1945.