"Goldfischs Erbe oder: jetzt weiß ich, warum mein Meister berlinerte"

Großes Interesse an der Gründungsgeschichte der Maschinenfabrik Diedesheim

Volles Haus beim Vortrag von Dr. Tobias Markowitsch

"Ich glaube, so voll war es hier noch nie!" - dieser Satz von Dorothee Roos zu Beginn der Vortragsverstaltung am letzten Öffnungs-Sonntag der KZ-Gedenkstätte Neckarelz zeigte, auf welch großes Interesse der Vortrag von Dr. Tobias Markowitsch unter dem Titel "Von Goldfisch zur Maschinenfabrik Diedesheim" stieß. 75 Jahre nach deren Gründung beleuchtete Markowitsch die komplexen Vorgänge um die Anfänge. Im Publikum saßen dabei viele, die bei der MFD bzw. ihren Nachfolge-Firmen gearbeitet oder gelernt hatten.

Dass die Maschinenfabrik ohne das vorherige Rüstungsprojekt "Goldfisch" nicht denkbar gewesen wäre, war im Elzmündungsraum schon immer bekannt. Doch es rankten sich auch viele Legenden um die Gründung; Tobias Markowitsch konnte in seiner Doktorarbeit von 2018 erstmals wissenschaftlich abgesicherte Fakten präsentieren. Dazu wertete er den entsprechenden Aktenbestand im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aus, der dort bislang fast unberührt geschlummert hatte.

Im Vortrag zeichnete der Referent nach, wie die verschiedenen Interessen der zahlreichen Akteure sich mit der Zeit entwirrten und schließlich in eine Richtung liefen: Daimler-Benz wollte die wenigen Maschinen, die nach der Übergabe fast des gesamten "Goldfisch"-Bestandes an die Sowjetunion geblieben waren, gerne in der Hand einer Firma wissen, die zwar selbständig, aber mit alten Vertrauten besetzt war. Die amerikanischen Besatzer waren sich mit dem lokalen deutschen Behörden darin einig, dass dringend Arbeitsplätze für die durch Flüchtlinge und Heimatvertriebene stark angewachsene Bevölkerung im Raum Mosbach-Diedesheim-Obrigheim geschaffen werden mussten. Nach einigem Zögern unterstützten dies auch die Ministerien des neu gegründeten Landes Württemberg-Baden.

Dem Verhandlungsgeschick des Firmengründerts Dr. Georg Wilhelm Reinhard war es zu verdanken, dass trotz hochkomplizierter Eigentums-, Finanz- und Rechtsverhältnisse unter Besatzungsbedingungen diese Einmütigkeit hergestellt werden konnte. Reinhard hatte bei den Verhandlungen mehrere Hüte auf  und fand Lösungen für schwierige Fragen. So entstand aus "Goldfischs Erbe" ein wichtiger Arbeitgeber  - nicht nur für die "Berliner", d.h. ehemalige "Goldfisch"-Mitarbeiter, sondern auch für zahlreiche alte und neue EinwohnerInnen der Region