"Im Namen des Hippokrates" - Inhaftierte Ärzte im KZ-Komplex Natzweiler

Ausstellung im Centre Européen stellt auch drei Ärzte aus den Neckarlagern vor

Porträts von sieben Häftlingsärzten im CERD. Ganz rechts Dr. Werner Vogl

Im Centre Européen du Résistant Déporté (CERD), der Gedenkstätte am Ort des ehemaligen Hauptlagers Natzweiler, ist derzeit eine Ausstellung zu sehen, die zum ersten Mal das Thema "Häftlingsärzte" anschneidet. Sie trägt den Titel "Au nom d'Hippocrate" (Im Namen des Hippokrates).
Im Zusammenhang mit Natzweiler ist sehr häufig von den medizinischen Menschenversuchen die Rede, die Ärzte der Reichsuniversität Strasbourg im Hauptlager an Häftlingen begingen. Doch in dieser Ausstellung geht es nicht um sie, sondern um die Rolle und die Arbeit der Menschen, die Gefangene im KZ-Komplex Natzweiler und von Beruf Ärzte waren. 
Unter den 52.000 Häftlingen insgesamt finden sich 97 Ärzte und 24 Medizinstudenten. Sie bildeten keine eigene Kategorie, wurden nicht anders behandelt. Doch aufgrund ihres Berufes nahmen sie dennoch eine Sonderstellung ein. Einerseits konnten sie die Nazis sie als Helfer benutzen, andererseits sahen ihre Mithäftlinge in ihnen eine unverhoffte Rettung bei Krankheiten und Verletzungen.
Das Thema wirft grundlegende Fragen auf, denn der hippokratische Eid verpflichtet ja Ärzte zur medizinischen Hilfe an allen Menschen. Was kann ein Arzt in einem KZ tun, der schwerste Erkrankungen an seinen Kameraden sieht, aber ohne alle Hilfsmittel dasteht? Was bedeutet es, als Arzt in einem Lager tätig zu sein, wo der Tod allgegenwärtig ist? Leiden linden - Widerstand leisten - dank des ärztlichen Wissens die eigene Haut retten?  
Das Herzstück der Ausstellung bilden sieben exemplarische Lebensgeschichten von Ärzten. Unter den Vorgestellten sind auch drei, die - länger oder kürzer - in den Neckarlagern tätig waren: Dr. Georges Boogaerts aus Belgien, Dr. Leif Poulsson aus Norwegen sowie der deutsche politische Gefangene Dr. Werner Vogl.
Die sehr lohnende Ausstellung ist dreisprachig (FR, DE, EN) und noch bis zum 15. Juni 2019 zu sehen. Sie wird durch Kunstwerke von Edouard Steegmann und Angélique Bègue ergänzt, die mit ihren Mitteln eine Antwort auf die schwierigen Fragen versuchen.