Europäisches Kulturerbesiegel für die Gedenkstätten des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler und seiner Außenlager

Erster grenzüberschreitender Antrag in der Geschichte des Siegels

Das europäische Kulturerbesiegel (EKS) wird an Stätten verliehen, die einen bedeutenden symbolischen europäischen Wert haben, die gemeinsame europäische Geschichte sowie die von allen geteilten Werte, insbesondere die Menschenrechte, hervorheben. Damit leisten diese Orte einen Beitrag zum Zusammenwachsen Europas nach den Erfahrungen von zwei schrecklichen Kriegen. 
Seit der Begründung des Siegels im Jahr 2007 wurden 29  Orte in praktisch allen Mitgliedsländern der EU mit dem Siegel ausgezeichnet. Bei der Bewerbungsrunde von 2016/17 haben sich 25 Orte beworben, 9 wurden in einem zweistufigen Verfahren ausgewählt, so dass es nunmehr 38 EKS-Stätten gibt. Das Siegel wird am 26. März in der bulgarischen Stadt Plovdiv offiziell überreicht. 

Der Antrag der Natzweiler-Erinnerungsorte stellte dabei die erste grenzüberschreitende Bewerbung dar. Bei dieser Kandidatur hatte die französische Seite die Federführung. Partner auf  der deutschen Seite war der im November 2016 gegründete „Verbund der Gedenkstätten im ehemaligen KZ-Komplex Natzweiler“, der derzeit 13 Gedenkstätten von ehemaligen Außenlagern umfasst. 12 davon liegen in Baden-Württemberg, nur diese können – zumindest vorerst – das Kulturerbesiegel erhalten. Dies hat mit den Fristen der Antragstellung zu tun, die unter großem Zeitdruck stand.
Gleichzeitiig war die Gründung des VGKN das erste für den Antrag benannte ProjektDenn das Kulturerbesiegel wird den Stätten nicht als Auszeichnung für bisherige Leistungen oder Qualitäten verliehen, obwohl  diese selbstverständlich eine Rolle spielen.  Es ist vielmehr in die Zukunft gerichtet und zielt mit den im Antrag genannten Projekten auf eine europäische Öffentlichkeit. Mit dem Jahresbeginn 2018 werden diese Projekte nun schrittweise umgesetzt; eine große Rolle spielt dabei die Mehrsprachigkeit.  Die Stätten sollen für Menschen in ganz Europa sichtbar und auffindbar werden, deshalb bildet die Schaffung eines gemeinsamen internet-Portals „Natzweiler“ eines der wichtigsten Vorhaben. 

Der geschichtliche Grund für diese „Europäizität“ liegt darin, dass im Lagerkomplex  Natzweiler Menschen aus mehr als 30 europäischen Nationen gefangen waren. Sie haben im Hauptlager und den Außenlager fürchterliche Erfahrungen von Gewalt gemacht. Diese Erfahrung hat viele der Überlebenden  motiviert, sich für ein friedliches, auf der Charta der Menschrechte aufruhendes Europa einzusetzen. Die Schaffung eines Datenbank aller Gefangenen des Lagers  Natzweiler, idealer Weise ergänzt und erweitert von den Familien und Nachkommen in allen europäischen Ländern, bildet daher ein weiteres Vorhaben. Daneben soll das europäische „Lernen aus der Geschichte“ durch grenzüberschreitende Lehrerfortbildungen und pädagogischen Austausch gefördert und vertieft werden.

Zum Weiterlesen: Website der Europäischen Kommission - Pressespiegel Baden-Württemberg