"Denk mal: vor 80 Jahren!"

Samstag, 27. April 2024

15:30 - Bonhoeffer-Gemeindesaal Neckargerach

Am 27. April des Jahres 1944 zogen die ersten KZ-Häftlinge in das ehemalige Reichsarbeitsdienstlager Neckargerach ein. Sechs Wochen zuvor war die Volksschule in Neckarelz bereits zum KZ-Außenlager umgewandelt worden. Für die Herrichtung der Gipsgrube Obrigheim zur unterirdischen Flugzeugmotorenfabrik holte die SS Arbeitskräfte in großer Zahl aus schon bestehenden Konzentrationslagern. Als am 27. April 1944 ein Transport von 900 Männern aus dem schlesischen KZ  Groß-Rosen eintraf, reichte die Neckarelzer Schule nicht mehr aus – das KZ-Außenlager Neckargerach wurde eröffnet .
Auch in diesem Lager, am Ortsausgang in Richtung Schollbrunn gelegen, wuchs die Zahl der Häftlinge rasch an. Die Höchstbelegung wurde im September 1944 erreicht: Auf relativ kleiner Fläche drängten sich 1.536 Männer. Das waren doppelt so viele, wie das Dorf damals Einwohner hatte.
Wie sieht es 80 Jahre späte aus? Gibt es in Dorf noch Erinnerung an das Lager? Oder ist sie durch das Leid des Bombenangriffs vom März 1945 überdeckt worden? Welche Rolle spielt das später von französischen Überlebenden beim ehemaligen Lagergelände errichtete Denkmal? Wie könnte in Zukunft an das Lager gedacht werden?
Diesen Fragen geht eine Veranstaltung nach, die von der Gemeinde Neckargerach und dem Verein KZ-Gedenkstätte Neckarelz gemeinsam verantwortet wird. Sie findet am 27. April um 15.30 Uhr im Saal des Bonhoeffer-Gemeindehauses in Neckargerach statt und ist als „Gespräch der Generationen“ angelegt. Moderator Moritz Mayer befragt seine Oma Ruth Lorenz – herzlich eingeladen sind aber alle Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die Veranstaltung mit ihren Geschichten und Erlebnissen zu bereichern. Sebastian Lenz sorgt für die historischen Fakten und auch die Lebensgeschichte des ehemaligen KZ-Häftlings Yves Meyer wird eine Rolle spielen.

"Der Reichsbürger"

Dienstag, 07. Mai 2024

19:30 - Alte Mälzerei Mosbach

Foto: BLB/KZGN

"Der Reichsbürger" ist ein Riesen-Monolog für nur einen Schauspieler. Geschrieben haben ihn Annalena und Konstantin Küspert. Die Aufführung dauert 80 Minuten, im Anschluss gibt es ein Nachgespräch. Das Projekt wurde von der Badischen Landesbühne in Zusammenarbeit mit der Landeszenrale für politische Bildung entwickelt. Karten gibt es bei der Tourist-Information am Marktplatz Mosbach.
Alterempfehlung: ab 14 Jahren.

Ein Mann stellt sich dem Publikum als Wilhelm S. vor und bedankt sich beim Theater für die Einladung. Er möchte eine „kleine Einführung zum Thema Selbstverwaltung, Wege in die Unabhängigkeit“ geben. Klingt interessant, oder? Und vieles, was er erzählt, scheint Hand und Fuß zu haben. Doch je länger der Vortrag dauert, desto mehr beschleicht einen ein nagendes Unbehagen: Ist der Mann ein Reichsbürger?

Reichsbürger sind Menschen, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag zurückziehen. Sie erkennen die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht an und setzen eigene Kleinstaaten, Reichskanzler oder Kaiser an ihre Stelle. Sind sie Realitätsverweigerer, ideologisch verblendete Sonderlinge, Utopisten oder radikale Wutbürger? Lange als harmlose Spinner abgetan, sind ihr Gedankengut und ihre Gewalttaten längst gefährlich für unsere Demokratie.

Annalena und Konstantin Küsperts Monolog forscht nach den Hintergründen der Bewegung und fragt: Wie viel Reichsbürger steckt in uns?

"Keine kleinen Fische ..."

Mittwoch, 08. Mai 2024

19:00 - Seminarraum der KZ-Gedenkstätte Neckarelz

Zone of interest – viele haben diesen Film über die Familien-Idylle des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß gesehen, vor dem schwarzen Hintergrund der Lager-Realität. Das kleine KZ-Außenlager Neckarelz I in der Dorf-Grundschule  ist mit dem Vernichtungslager Auschwitz nicht zu vergleichen. Und dennoch kam SS-Obersturmführer Franz Hößler, der erste Kommandant des Lagers  Neckarelz-Schule, direkt von seiner Position als Schutzhaftlagerführer von Auschwitz-Birkenau in den Elzmündungsraum.
In Neckarelz baute er zwei Monate lang, vom 15. März bis 15. Mai 1944, die Lagerstruktur auf – dann  ging er nach Auschwitz I zurück.  Er wirkte dort unter den Kommandanten Rudolf Höß und Richard Baer, ehe er nach Mittelbau-Dora und schließlich nach Bergen-Belsen wechselte, jeweils in hohe Positionen der Lagerführung.
Abgelöst wurde Hößler in Neckarelz von SS-Hauptsturmführer Franz Johann Hofmann. Auch dieser  kam aus Auschwitz, wo er zunächst das „Zigeunerlager“ geleitet  und anschließend die Position des  Schutzhaftlagerführers von Auschwitz I bekleidet hatte. Nach dem Ende seiner Tätigkeit in Neckarelz blieb Hofmann dann im Bereich des KL Natzweiler. In den 60er Jahren war er einer von 22 Angeklagten im großen Auschwitz-Prozess in Frankfurt.
Die beiden ersten Neckarelzer Kommandanten waren also „keine kleinen Fische“, sondern große Kriegsverbrecher. Wie kam es, dass beide in den Neckarlagern eingesetzt wurden?
Dieser Frage und noch vielen weiteren Verflechtungen zu Hößler und Hofmann gehen Kattrin Zwick (München) und Dr. Tobias Markowitsch (Karlsruhe) in ihrem Tandem-Vortrag „Keine kleinen Fische. Zwei Kommandanten der Neckarlager im Porträt“ nach. Er findet, nicht zufällig, am 8. Mai 2024 im Seminarraum der Gedenkstätte statt (19 Uhr).